„Manchmal wünschte ich, ich könnte die Zeit hier anhalten…“ – Artikel für Weingarten im Blick (Juli 2013)

[:de]Im Gespräch mit Corinna Wilhelm, 20 Jahre, aus Weingarten, die seit September einen einjährigen „Weltwärts“-Freiwilligendienst in der bolivianischen Pfarrgemeinde „Cruz Gloriosa“ in Cochabamba macht. Die Gemeinde ist seit drei Jahren Partnergemeinde der Seelsorgeeinheit Hl. Geist / St. Maria.

Welche Aktionen gab es in diesem Jahr, um die Partnerschaft weiter zu stärken?
Neulich schafften wir es, eine Skype-Aktion zwischen Firmlingen aus Bolivien und aus Deutschland zu organisieren. Das war für beide Seiten sehr spannend und interessant und wir hoffen, dass wir damit etwas in den Jugendlichen wecken konnten. Auβerdem feierten wir einen Partnerschaftsgottesdienst und es gab einen Briefwechsel zwischen Jugendlichen aus Weingarten und aus Cochabamba. Und das Partnerschafts-Team „en contacto“ in Weingarten überlegt sich immer weitere Aktionen.

Was steht in deinen letzten Wochen in Südamerika noch an?
Dank der Unterstützung vieler lieber Spender, der Seelsorgeeinheit Hl. Geist / St. Maria und einer meiner beiden Entsendeorganisationen, dem Missionskreis Ayopaya e.V., können wir, eine Gruppe von acht Personen aus meiner bolivianischen Kirchengemeinde Cruz Gloriosa, Ende Juli zum Weltjugendtag nach Rio de Janeiro reisen, worauf wir uns schon sehr freuen.
Des Weiteren wird uns im August eine Gruppe von sechs Personen, darunter unser Pfarrer Herr Ohrnberger, besuchen. Wir hoffen, dass wir damit den Kontakt zwischen den Kirchengemeinden noch weiter ausbauen können.

Inwiefern hat dich der Aufenthalt im Ausland bis jetzt bereichert?
Ich habe viele dazu gelernt, sei es an praktischen Dingen oder an der Art, das Leben gelassener zu nehmen. So versuche ich zum Beispiel, mir nicht mehr immer alles zu sehr zu Herzen zu nehmen, wurde geduldiger, lasse Dinge mehr auf mich zukommen. In Bolivien lebt man oft mehr in den Tag hinein. Meine Kolleginnen aus der Kinderkrippe sagen auch immer, dass ich sicher eine gute Mama sein werde, weil ich jetzt Windeln wechseln und von Hand waschen kann. Außerdem ist mein Aufenthalt in Cochabamba ein weiterer Schritt, andere Denkweisen zu akzeptieren und fremde Kulturen verstehen zu lernen. Doch auch mein kritisches Denken hat sich in diesem Jahr nochmal sehr stark ausgebaut. Ich hinterfrage viel mehr und nehme Dinge nicht mehr so einfach als gegeben hin.

Würdest du anderen Jugendlichen ein Auslandsjahr / einen Freiwilligendienst empfehlen?

Auf jeden Fall! Fest steht für mich, dass ich mein Jahr in Bolivien für eine super Erfahrung halte, die ich nicht missen möchte, auch wenn es nicht immer nur einfach war. Ich kann anderen Jugendlichen nur dazu raten, all die Angebote, die es heutzutage für die Zeit nach dem Abi gibt, anzunehmen. In diesem Jahr lerne ich sehr viele Dinge, die ich an der Uni nicht lernen würde. Vor allem gefällt mir am Freiwilligendienst, dass ich mit den Menschen zusammen lebe, so die Kultur verstehen lerne und auβerdem etwas Sinnvolles tue.

Wie siehst du dem Ende deines Freiwilligendienstes entgegen?

Ich bin hin und her gerissen, was meinen Abschied betrifft. Klar ist, dass es mich seit der Halbzeit täglich beschäftigt, wie ich meinen Abschied feiern werde, welche Klamotten ich da lassen werde (die meisten sind durch die Handwäsche sowieso kaputt), was ich unbedingt mitnehmen will, welche Kurztrips ich noch machen möchte, wie ich meine letzten „Primer Viernes“ (erster Freitag im Monat) gestalten möchte, wie ich in Deutschland Kontakt nach Bolivien halten kann, wie das Wiedersehen mit meiner Familie und meinen Freunden wird, was ich in Deutschland als erstes machen werde, wie es wird, in meiner deutschen Seelsorgeeinheit von Bolivien zu berichten, wie es danach mit der Partnerschaft weitergeht, ob ich an der Uni wieder in den Lernrhythmus reinkomme, wann ich wieder zurück nach Bolivien kommen kann… Diese Gedanken sind sehr belastend, da ich meinen Kopf manchmal einfach gerne ausschalten würde und mir immer denke, dass ich einfach den Moment genießen sollte, anstatt mir dauernd so viele Gedanken zu machen.

Abschließend möchte ich mich sehr herzlich bei meinen Lesern für ihr Interesse, Ihre Unterstützung, Ihre Spenden und Ihre Gebete bedanken! Ich freue mich über Rückmeldungen zu meinem Bericht!

Ihnen allen Gottes Segen!

Herzliche Grüße aus Cochabamba!

Corinna Wilhelm

Kontakt: corinna_wil@yahoo.de
Blog: www.ayopaya.de/corinnawilhelm
http://www.weltwaerts.de/bericht-corinna-w.html[:]

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